Vielleicht habt Ihr ja auch am vergangenen Wochenende gemeinsam mit Freunden draußen im Garten gesessen, gegrillt und den warmen Sommerabend genossen?
Ein Abend, an dem man stundenlang zusammen sitzt, erzählt und isst und dabei oft viel mehr isst, als man eigentlich will, weil es einfach so gemütlich und genüsslich ist? Solche Mahlzeiten, an denen wir uns wirklich mal Zeit füreinander nehmen sind für mich dann immer Nahrung für Leib und Seele.
Und wie sieht es dann in unserem Alltag mit unserem Familienessen aus?
Eine ausgewogene Ernährung als wichtiger Baustein für eine gesunde körperliche Entwicklung unserer Kinder ist ein Thema, das viele Eltern, vor allem in den ersten Lebensjahren Ihrer Kinder, stark beschäftigt:
„Wann beginne ich mit der Beikost“, „welche Lebensmittel sind geeignet“, „mein Baby will plötzlich nichts mehr vom Löffel essen“, „ist Baby-led-weaning vielleicht besser für mein Baby?“ und viele weitere Fragen kreisen durch die Köpfe so vieler Eltern und nehmen in den Austauschrunden in meinen PEKiP-Kursen einen großen Platz ein.
Geleitet von dem Wunsch alles richtig machen zu wollen, für einen ganz gesunden Start im Leben ihrer Kinder zu sorgen, werden viele Eltern zu wahren Ernährungsexperten und der erste Löffel Brei wird zu einem wohl geplanten Projekt: das Bio-Gemüse wird eingekauft, gekocht und in Mini-Portionen eingefroren. An dem großen Tag für den ersten Löffel Brei steht die Videokamera bereit und dann…?
Vielleicht habt Ihr Glück und Euer Baby isst tatsächlich die ersten Löffel mit Genuss.
Vielleicht ist Euer Baby aber auch schier entsetzt über diesen so ganz neuen Geschmack und beißt beim zweiten Löffel seine Lippen zusammen, fest entschlossen, dieses komische Zeug bestimmt nicht noch einmal zu essen.
Einige Babys essen auch in den ersten Wochen ohne Probleme und wenn dann der nächste Zahn „im Anmarsch“ ist, treten sie in den Streik und wollen auf einmal nur noch Milch trinken, da sich das in der aufregenden Zeit des „Zähne-kriegens“ irgendwie besser anfühlt. Und wieder andere Babys verweigern das soLiebe–voll selbstgekochte von Mama/Papa und wollen nur die eher gleich-schmeckende Kost von „Herrn Hipp“…
Am Anfang sind die meisten Eltern noch recht gelassen und trösten sich mit den wohlbekannten „Phasen“ der Kinder. Aber immer, wenn Essensprobleme über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, werden viele doch irgendwann unruhig und versuchen durch manch abenteuerliche Methoden ihr Kind doch zum Essen zu überlisten:
Was zu Beginn nur Ablenkung ist, wird später zum pädagogischen „Eiertanz“: „ein Löffelchen für Mama und ein Löffelchen für Papa“, „brrrrummm, hier kommt ein Flugzeug“, „wenn Du noch 2 Kartoffeln isst, dann bekommst Du auch Deinen Nachtisch“, „schau mal wie toll Deine Schwester isst“ oder „du willst doch mal so groß und stark wie der Papa werden“….!
Findest Du Dich in der einen oder anderen Äußerung wieder?
Manches aus unserer Trickkiste funktioniert dann tatsächlich eine Zeit lang, aber irgendwann hat es an Reiz eingebüßt und wir müssen uns wieder etwas Neues ausdenken. Leicht verlieren die Mahlzeiten dann das selbstverständliche, leichte, gemütliche und genüssliche.
So vielfältig die Ursachen und die Dauer der Essensprobleme unserer Kinder sein können, so haben sie dennoch nach geraumer Zeit immer den gleichen Effekt: alle sind bei den Mahlzeiten genervt und gereizt und die Stimmung ist „im Keller“. Diese Spirale schraubt sich dann immer weiter hoch.
Und genau hier liegt die Verantwortung und zugleich auch Chance für uns Eltern, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Und wie….?
- Indem wir uns auf den ganz natürlichen Überlebensinstinkt unserer Kinder verlassen (den gibt es tatsächlich… ;-)) und ihnen vertrauen, dass sie sich das, was sie zum Leben benötigen, in diesem Fall die Nährstoffe, auch holen. Für uns als Eltern mag dabei die Essens-Auswahl unserer Kinder manchmal recht eintönig anmuten. Meine Jungs hatten mal Phasen, in denen sie am liebsten nur Kartoffeln essen wollten, dann Nudeln, dann lange und viiiiiel Fleisch und nach Erkrankungen haben sie oft für ein bis zwei Wochen nur ganz leicht verdauliche Mahlzeiten zu sich genommen. Immer wieder haben sich ihre Vorlieben geändert. In der Schwangerschaft ist es einigen von Euch bestimmt ähnlich ergangen. Plötzlich war da der Hunger auf salzig, sauer oder süß? Oft zeigt uns unser Körper recht genau, was er gerade braucht, wenn wir mal hinhören und nicht nur unsere eigenen Vorstellungen im Kopf haben.
- Wir können für eine gute und entspannte Stimmung bei den Mahlzeiten sorgen, eine Atmosphäre, in der man sich wohlfühlt und Lust auf die gemeinsame Zeit, Erzählen und das Essen hat. Gerade für unsere Kleinsten ist die Mahlzeit auch ganz stark ein sinnliches Erlebnis. Da wollen sie z.B. die Kartoffel selber mit den Händen in den Mund stecken, mal geschickt mit dem Pinzettengriff, mal mit der ganzen Hand. Und wenn die Kartoffel dann eine Zeit lang im Mund geschmeckt wurde, müssen viele Baby sie auch wieder aus dem Mund herausnehmen. Nun sieht sie ganz anders aus, fühlt sich ganz anders an und wird wieder in den Mund gesteckt…. Da kann das mit dem Satt-werden schon einmal ganz schön lange dauern und die eigenen Nerven und der Küchenfußboden werden echt strapaziert!!! Ich habe irgendwann angefangen neben der „ganzen sinnlichen Erfahrung :-)“ meine Kinder parallel mit dem Löffel weiter zu füttern. Für uns war das eine sehr gute Lösung. Später wollten sie dann unbedingt auch mitlöffeln. So hatten sie einen eigenen Löffel in der Hand, dieser verschwand im Brei und wurde voller Konzentration ganz langsam zum Mund geführt. Bis er dann auch tatsächlich dort angekommen war, hatte ich immer schon einige Löffel Brei mit meinem Löffel in Ihrem Mund landen lassen können und sie haben auch wirklich bereitwillig geschluckt. Vielleicht gibt es für Dich und Dein Kind eine ganz andere Lösung, aber immer geht es um einen gemeinsamen Weg. Die wenigsten Babys sind tatsächlich damit zufrieden, einfach nur immer wieder den Mund zu öffnen und gefüttert zu werden.
- Und das wichtigste kommt bekannterweise zum Schluss:Vorbild wirkt mehr als Worte: Wissenschaftliche Studien belegen, dass Kinder in einem weitaus größeren Maß über Vorbilder als über Worte/Belehrungen lernen.Mehr Beziehung als Erziehung als Motto für die gemeinsamen Ma(h)lzeiten!Wenn Ihr also all das, was Ihr Euch an „Essens-Verhalten“ (was, wieviel und wie sie essen uvm…) von Euren Kindern wünscht, über Jahre hinweg vorlebt, werden sie es irgendwann ganz von alleine nachmachen, eben weil Ihr die großen Vorbilder für ihr Leben seid!Es braucht nur ein wenig Geduld…
Lasst es Euch schmecken!
Eure Astrid